Die Bewilligung von Zahlungserleichterungen bei Geldstrafen durch die Vollstreckungsbehörde ist auch nach Beginn der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe jedenfalls dann möglich, wenn bereits zuvor die Vollstreckungsbehörde hätte eine solche von Amts wegen vornehmen müssen.
In dem hier vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall wurde der Verurteilte im Januar 2015 durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Offenburg zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt. Nachdem sich aus einer beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingeholten Auskunft ergab, dass der Verurteilte bereits im Jahr ein Vermögensverzeichnis abgegeben hatte, wonach er Arbeitslosengeld II in Höhe von 652 € monatlich bezog und kein nennenswertes Vermögen besaß, ordnete die Staatsanwaltschaft Offenburg die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe an. Da der Verurteilte der Ladung zum Strafantritt keine Folge leistete, erging Vorführungsbefehl, aufgrund dessen der Verurteilte festgenommen wurde. Seither verbüßt er die Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Offenburg. Eine daraufhin vom Verurteilten unter Hinweis auf den Grundsicherungsbezug beantragte Ratenzahlung sowie die Aussetzung des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe lehnte der Leiter der Staatsanwaltschaft Offenburg ab, das Landgericht Offenburg bestätigte diese Entscheidung. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah dies jedoch anders, bewilligte dem Verurteilten eine Ratenzahlung von monatlich 50 € und ordnete seine sofortige Freilassung an:
Der vom Landgericht Offenburg vertretenen Auffassung, die weitere Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe könne nur aus den in § 459e Abs. 4 StPO genannten Gründen unterbleiben, kann jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht gefolgt werden.
Dabei ist ausschlaggebend, dass entgegen der vom Landgericht Offenburg vorgenommenen Bewertung, die Entscheidung über Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB, die nach Rechtskraft der Grundentscheidung von der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde zu treffen ist (§ 459a Abs. 1 StPO), keinen Antrag des Verurteilten voraussetzt, sondern von Amts wegen zu treffen ist. Insoweit hätte bereits das der Staatsanwaltschaft vor Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegende Vermögensverzeichnis des Verurteilten Anlass gegeben, die Bewilligung von Zahlungserleichterungen zu prüfen. Ist dies fälschlicherweise unterblieben, kann die eingeleitete Vollstreckung nicht zur Folge haben, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht mehr nachgeholt werden kann.
In der Sache geht das Oberlandesgericht im Hinblick auf das bei den Akten befindliche Vermögensverzeichnis davon aus, dass die Angaben des Verurteilten zu seinen Einkommensverhältnissen zutreffen, und hat deshalb die im Tenor näher bezeichnete Ratenzahlung bewilligt. Die Bestimmung über den Entfall der damit gewährten Vergünstigung beruht auf §§ 459a Abs. 1 StPO, 42 Satz 1 StGB.
Mit der Bewilligung der Zahlungserleichterung liegen die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe – hier Uneinbringlichkeit der Geldforderung (§§ 459c Abs. 2, 459e Abs. 2 StPO) – nicht mehr vor, so dass die sofortige Freilassung des Verurteilten anzuordnen war.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30. September 2015 – 2 Ws 472/15